„Nein“, sagt Stephan Billen ehrlich, „dass die Onlineberatung so erfolgreich und wichtig werden würde, das hätte ich vor 20 Jahren nicht gedacht.“ Billen, Leiter der Ehe-, Familien- und Lebensberatung (EFL) des Bistums Münster im Kreis Kleve, hat sein Büro im Klever Kolpinghaus. Doch über seine Tastatur und per Webcam kann er bistumsweit mit Ratsuchenden in Kontakt treten. Neben den Standorten im Kreis Kleve leitet Billen auch die Onlineberatung im Bistum.
2003 wurde erstmals überhaupt die Möglichkeit eröffnet, mit einigen Beraterinnen und Beratern auf digitalem Wege in Kontakt zu treten. Seither hat sich viel getan. „Die Corona-Pandemie hat dieser Form der Beratung einen Schub gegeben“, erklärt Billen. Denn als keine Gespräche mehr im direkten Kontakt möglich waren, die Probleme, Ängste und Sorgen bei den Menschen aber nicht nur blieben, sondern eher zunahmen, war schnelles Handeln gefragt. „Ich habe im Bistum knapp 100 Leute in der Onlineberatung geschult“, erinnert sich Billen. Dabei galt es, nicht nur neue Formen der Gesprächsführung zu finden, sondern auch für funktionierende und vor allen Dingen sichere Technik zu sorgen. „Wir haben es hier mit sehr sensiblen, persönlichen und emotionalen Themen zu tun, die Datensicherheit ist da von entscheidender Bedeutung“, betont er.
In der Onlineberatung gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Besonders gering ist die Schwelle zur Mail- oder Textchat-Beratung, bei der die Ratsuchenden anonym bleiben können. „Da geht es bei der Beratung meistens schon im ersten Satz zu Sache. Beim persönlichen Kontakt dauert es manchmal, bis jemand seine Probleme oder Sorgen ansprechen möchte, per Mail wird offener kommuniziert“, weiß der Berater aus Erfahrung.
Inzwischen finden knapp neun von zehn Beratungen wieder in Präsenz statt, wie die Statistik für das vergangene Jahr belegt. Doch auch dort kann es immer wieder zum Einsatz von Technik kommen, weil es Klienten etwa aufgrund von Betreuungssituationen nicht möglich ist, zur EFL zu kommen. Sie erhalten dann die Möglichkeit zum Videochat, „der Fachbegriff lautet blended counseling, also gemischte Beratung“, erläutert Billen. Das kann auch dann hilfreich sein, wenn es zum Beispiel zwischen zwei völlig zerstrittenen Parteien verhandelt werden soll. „Durch die Technik wird es oft weniger emotional als bei einem persönlichen Zusammentreffen, dadurch können in manchen Fällen sehr gute Erfolge erzielt werden“, sagt Billen. Wie die Beratung stattfinde, werde aber immer in enger Abstimmung mit allen Beteiligten entschieden.
Informationen und den direkten Kontakt zur Onlineberatung gibt es auf www.efl-online.de im Internet. Die Ehe-, Familien- und Lebensberatung im Bistum Münster bietet Einzelnen, Paaren und Familien in Partnerschafts- und Familienfragen, in Krisensituationen, in schwierigen Lebensphasen fachliche Unterstützung an. Die Beratung ist kostenlos und steht allen Menschen unabhängig von Geschlecht, Alter oder Religion offen.
Christian Breuer